Bei der Arbeit, in der Familie, bei Freunden – da tobt es um uns, das Leben: bunt, schnell und oft laut, manchmal zu laut. Wir handeln, entscheiden, reden, lachen, streiten und haben kaum eine Möglichkeit, inne zu halten.
Im Hospiz in Leonberg wird inne gehalten. Hier leben sieben Menschen, die wissen, dass sie bald sterben werden. Außerdem 14 hauptamtliche examinierte Krankenpflegekräfte und viele ehrenamtlich engagierte Menschen, die sie auf diesem Weg begleiten – als Profession, als Passion. Es ist das einzige stationäre Hospiz im Landkreis Böblingen. Im letzten Jahr konnten die Bewohner und ihre Betreuer einen von Licht durchfluteten, in warmen Farben gehaltenen Neubau beziehen – mit einem außergewöhnlichen Raum der Stille. Der Künstler Matthias Eder aus Leonberg hat diesen Raum gestaltet. Die Sindelfinger Beschäftigten haben ihn über ProCent zur Hälfte finanziert. Den Vorschlag dazu hatte Claudia Kindlein, RD/PDG, eingereicht – ihre Schwiegermutter war im alten Leonberger Hospiz gestorben.
Das Hospiz wird von einem gemeinnützigen Verein getragen – keine öffentlich-rechtliche oder kirchliche Institution steht in der weiteren Trägerschaft. Ohne Spenden gäbe es diese Einrichtung also nicht. Das Kommunikationsteam des Betriebsrats Sindelfingen durfte das Hospiz und den Raum der Stille besuchen, um darüber zu berichten. Den hier engagierten Menschen ist es wichtig, dass die Belegschaft erfährt, wie wichtig und wertvoll ihre ProCent-Spende für das Hospiz ist.
Der Mensch geht beim Sterben vom Licht ins Dunkel – sagen die Muslime. Er geht vom Dunkel ins Licht, sagen die Christen. Der Raum der Stille im Leonberger Hospiz spielt mit Licht und Dunkel: Dunkles Holz, rau, unbearbeitet, Industrieparkett – man spürt es durch die selbstgestrickten Socken, die für jeden Besucher in einem Korb am Eingang liegen. Man spürt es am Rücken, wenn man sich an die Wände lehnt. Man spürt es als Wärme und Leben. Durch ein Band orange-gelbes Glas, welches die gleiche Struktur hat wie das Holz, fällt warmes Licht auf eine Bronzeschale mit einer Rose im Zentrum. Manchmal stehen brennende Kerzen auf der Schale – so viele wie Bewohner des Hospizes. Es gibt Tage, an denen eine dieser Kerzen gelöscht wird. Dann brennt die Kerze, die im Eingangsbereich vor dem gleichen dunklen Holz steht und das Buch auf der gegenüberliegenden Seite ist aufgeschlagen. Darin steht der Name des an diesem Tag Verstorbenen. An diesem Tag wird hier ein bisschen leiser geredet und gelacht.
Es ist ein Raum der Stille, aber darin muss niemand still sein. Er ist für die Hospiz-Bewohner, ihre Angehörigen und Betreuer ein „geschützter Ort“, an dem sie allen ihren Gefühlen freien Lauf lassen können. Hier darf nicht nur geschwiegen, hier darf auch gelacht, geredet, gesungen, gehadert und geweint werden. Es bleibt alles in diesem Raum – kein Laut dringt nach außen. Wer möchte, kann sich ein Symbol seines Glaubens mitbringen. Niemand wird dazu gedrängt und niemand wird etwas aufgedrängt. Es ist ein Ort, an den man sich wünscht, wenn einen die Kraft zu verlassen scheint.
Aber mehr noch als der Raum der Stille werden uns die Menschen im Hospiz in Erinnerung bleiben. Wie warmherzig, engagiert und fröhlich sie waren – und wie dankbar für die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit, für die Möglichkeiten, die Einrichtung mit zu gestalten und nicht zuletzt für das, was sie das Sterben für das Leben lehrt.
Bevor wir dieses „Haus, in dem gelebt wird bis zuletzt” wieder verließen, gaben diese Menschen uns mit auf den Weg “allen Spendern ein großes Dankeschön weiter zu reichen!”- das tun wir besonders gerne.